Wandern auf den Spuren der Schwabengänger
12.03.2012 | Bauernhaus-Museum Allgäu-Oberschwaben Wolfegg
Es waren die Zeiten bitterer Armut, die viele Bewohner aus dem sprachigen Alpenraum über Jahrhunderte hinweg dazu zwangen, ihren Broterwerb in der Fremde zu suchen. Im 19. Jahrhundert erlebte das „Schwabengehen“ seinen Höhepunkt. Die Not war so groß, dass selbst Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren über den Sommer ins Schwabenland verschickt wurden. Zu Tausenden zogen sie vornehmlich aus den ärmlichen Bergregionen Vorarlbergs, Süd- und Nordtirols, der Schweiz und Liechtensteins in die Gebiete nördlich des Bodensees. Diese so genannten „Schwabenkinder“, die daheim die blanke Not vom Tisch trieb, wanderten alljährlich im zeitigen Frühjahr in regelrechten Kinderzügen, meist begleitet von einem Erwachsenen oder einem geistlichen Herrn, über die oftmals noch schneebedeckten Alpenpässe zu den so genannten „Hütekindermärkten“ in Oberschwaben, wo sie an reiche Bauern vermittelt wurden.
Der Weg der Schwabenkinder
Die Wege der Schwabenkinder ist ein von der EU grenzübergreifend gefördertes Projekt, indem 27 Museen und Kultureinrichtungen in Deutschland, Österreich, Südtirol, der Schweiz und Liechtenstein, die ehedem beschwerlichen Routen der Kinder und Jugendlichen rekonstruieren und als Themenwanderweg ausweisen. Diese Wanderwege können in mehreren Etappen von den Herkunftsgebieten der jugendlichen Saisonarbeiter aus auf historischen und landschaftlich beeindruckenden Wegen und Pfaden durch die Alpen nach Oberschwaben erwandert werden. Eigens hierfür erscheinen im Bergverlag Rother themenspezifische Wanderführer. Autor dieser „Wanderlesebüchlein“ ist Elmar Bereuter, von ihm stammt auch der Erfolgsroman „Die Schwabenkinder“. Bereits erschienen ist der Oberschwaben-Führer, der von Bregenz aus zu den Kindermärkten in Friedrichshafen und Ravensburg durch teils ehemalige Dienstorte führt und in Wolfegg endet. Dort vermittelt das Bauernhaus-Museum in einer multimedialen Ausstellung das Phänomen der Schwabengängerei mit all seinen Facetten. Auf dem Weg dorthin weisen Installationen und Kultureinrichtungen auf diese über Jahrhunderte hinweg ungebrochene Tradition hin. Gleichzeitig entdeckt der Wanderer stille und abgelegene Winkel eines Oberschwabens, wie es selbst vielen Einheimischen noch unbekannt sein dürfte. Spätestens im Juni 2012 erscheint der Vorarlberg-Führer. Er zeigt die Wege aus den Herkunftsgebieten Vorarlbergs, beginnend in den angrenzenden Gebieten Tirols und Liechtensteins bis hin zum Bodensee. Wandernd erfährt man an den »Originalschauplätzen« mehr über die damaligen Lebensbedingungen. Die Wege folgen soweit wie möglich den historischen Routen und Übergängen und enden in Bregenz. Die Wanderführer für die Regionen „Tirol-Südtirol“ und „Schweiz-Liechtenstein“ sind ab 2012 erhältlich.