Stadtarchiv Friedrichshafen
Baden-Württemberg, Deutschland
Bittere Armut trieb jedes Jahr im März fünf- bis fünfzehnjährige Kinder aus Vorarlberg, Tirol und den Kantonen der Ostschweiz auf Arbeitssuche in die Fremde, wobei sie lange und entbehrungsreiche Fußmärsche zurücklegten. Um diese ‚Schwabengängerei‘ effektiv und relativ angenehm zu organisieren, wurde im Jahr 1891 der Tiroler und Vorarlberger Hütekinderverein gegründet, welcher mit Hilfe verbesserter Verkehrsstrukturen (Eisenbahn, Dampfschiffe) die Verdingung von Hüte- und Schwabenkinder zentraler organisierte. Durch diese Verbesserungen verlagerte sich der Hütekindermarkt von Ravensburg nach Friedrichshafen. Die Bauern kamen aus ganz Oberschwaben nach Friedrichshafen, wo ihnen ein Großteil dieser Kinder ihre saisonale Arbeitskraft anboten und von den Landwirten verdingt wurden.
Vertragsabschluss und Heimreise
In der Friedrichshafener Karlstraße wurden die Arbeitsbedingungen zwischen Landwirten und Schwabenkinder verhandelt. Der Hütekinderverein setzte dabei schriftliche Vereinbarungen durch, abgefasst und vertreten von den erwachsenen Begleitern der Kinder. Die Löhne der Schwabenkinder wurden teils in Geld, teils in Kleidung ausbezahlt. Nach einem arbeitsreichen Sommer sammelten sich die Kinder zur Heimreise im Oktober wieder in Friedrichshafen, wo das Schiff nach Bregenz ablegte. Der Tiroler Hütekinderverein löste sich schließlich 1915 auf, da während des Ersten Weltkriegs die Schwabenkinder zu Hause blieben. Schließlich setzte die 1921 zwischen Österreich-Ungarn und Württemberg vereinbarte Einhaltung der Schulpflicht der Schwabenkinder im Arbeitgeberland den Kindermärkten ein Ende. Mit den Informationstafeln am Hafen wird die Spätphase des Hütekinderwesens, d.h. die Ankunft der Schwabenkinder am Hafen und der Hütekindermarkt in der Karlstraße, aufgegriffen und mit Bildern und Fotos dargestellt.
Friedrichshafen
Die aus der Zusammenlegung der Reichsstadt Buchhorn, des Benediktinerklosters und Dorfs Hofen im Jahr 1811 entstandene Stadt Friedrichshafen liegt am baden-württembergischen Ufer des Bodensees, im Dreiländereck Deutschland, Österreich und Schweiz. Die Stadt ist nicht nur als touristisches Ziel, sondern auch als Stadt der Zeppeline bekannt. Heute weist die Stadt über 59 000 Einwohner auf. Das Stadtbild prägen die Neue Messe Friedrichshafen und der Bodensee-Airport, das Schloss mit der Schlosskirche, und weltweit bekannte Unternehmen der Luft- und Raumfahrt, der Autoindustrie und der Hochtechnologie.